6"f/5 Reisedobson

Anfangs nutze ich je nach Einsatzzweck einen 80/400 FH oder einen Travelmak 90 auf einer EQ1 als Reiseteleskop. Grade der kurze FH war letztlich ausschlaggebend für eine Neuorientierung - ermöglicht er zwar Großfeldbeobachtungen, jedoch mit nicht so vielen Details. Da er auch nicht universell ist, Planeten sind nicht wirklich zufriedenstellend, mußte etwas größeres und universell einsetzbares her. Nach einigen Überlegungen und einem Besuch bei Dieter Martini war mir endgültig klar, was es wird - ein Reisedobson.

Da ich im Wesentlichen nicht wirklich Astroreisen mache, sollte das Teleskop leicht und hoch transportabel sein und letztlich die strengen Kriterien für Handgepäck erfüllen. Der Dob mußte zwingend in den Alupiloten-Trolley passen, so das 6" auserkoren wurden. Grade diese Anforderung stellte Dieter Martini vor besondere Aufgaben, die letztlich er löste (Danke) auch wenn einige Nebenwirkungen folgten. Dazu später mehr.

Als Ergebnis wurde, nach mehrfachem Meinungsaustausch hinsichtlich der Lösung der Aufgaben eine Gitterrohrkonstruktion mit 8 dünnen Stangen gewählt, die ineinander gestapelt werden kann und somit wenig Platz wegnimmt. Der Hut wurde aus Hartpapier hergestellt und paßt ebenfalls in die Spiegelbox.

Grade der Hut, der wegen seines Gewichtes wesentlich für den Schwerpunkt des gesamten Teleskopes ist, war nicht einfach zu realisieren. Die Standarthutvariante mit Stangen konnte aufgrund der geringen Gesamtgröße nicht verwendet werden, so das nur der Vollhut aus Hartpapier als Lösung blieb.
Das Gesamtgewicht des Hutes ist sehr hoch, so daß Hilfsmittel zur Balance erforderlich werden, um das Gerät im Gleichgewicht zu halten. Gelöst habe ich dies zunächst durch ein 1,8 KG Gegengewicht und eine Gummibandfriktion, die inzwischen durch Feder ersetzt wurden. Das Gegengewicht wird mit Klettband fixiert, die Gummibänder laufen um die Rändelmuttern. So modifiziert kann ich auch meine zumeist sehr schweren Okulare, wie die LVW oder das Speerszoom nutzen, was ebenfalls eine zwingende Anforderung meinerseits war.

Als Okularauszug habe ich einen Kineoptics HC2 gewählt. Als Helical mit geringer Bauhöhe, 2" Steckmaß und dennoch erheblichem Verstellweg eignet er sich für meine Zwecke hervorragend, muß er doch in der Lage sein, die unterschiedlichen Fokuslagen meiner Okulare "auszugleichen". Dies tut er, dank exakter Berechnung der Konstruktion. Da er auch leichter als herkömmliche OAZ ist, paßt er hervorragend - auch wenn zu Adaption auf den runden Hut ein Zwischenring erforderlich wurde.

Die Nachricht der Fertigstellung wurde freudig aufgenommen und mit sofortiger Terminvereinbarung quittiert. Dieses mal kam Torsten mit, auch um sich ebenfalls mal bei Astrooptik Martini umzusehen. Nach einer kleiner Führung widmeten wir uns dem Reisedobson - es fehlte ja noch etwas. Die Optik, die ja noch eingebaut werden mußte. Kostengründe waren verantwortlich dafür, das ich den 6" f/5 Hauptspiegel und den Fangspiegel von Synta nahm, auf dessen Maße der Dob hin gebaut wurde. Die Komponenten paßten perfekt. Leider konnte nur ein kurzer Blick auf die Sonne vorgenommen werden, die sich ohnehin an diesem Tag weitgehend versteckte. Das Balanceproblem wurde bereits identifiziert und ich nahm den Dob mit Lösungsansätzen zur Problembeseitigung mit. Da ich das Ausgleichsgewicht so gering wie möglich haben wollte und möglichst hierzu keine Neuanschaffungen tätigen wollte, experimentierte ich letztlich erfolgreich mit der Gummibandfriktion und verwendete eines der kleinen EQ3 Gewichte. Inzwischen wurde die Gummibandfriktion durch 2 Federn, gefunden im Baumarkt, ersetzt.

Selbstbauer werden dies möglichweise kritisieren, ich habe jedoch abgewogen, was mir wichtiger war - das Packmaß. Um das Gerät ohne weitere Veränderungen ins Gleichgewicht zu bringen, wäre eine höhere Rocker- und Spiegelbox erforderlich gewesen. Auch größere Hohenräder hätten etwas dazu beitragen können, die man außerdem hätte höher montieren können. Dann hätte es funktioniert aber die Packmaßvorgabe wäre nicht mehr eingehalten worden. Hinzu kommt, das die HS Fassung und Halterung aus Holz ist und somit von Hause aus leichter ist, als vergleichbare Metallbauteile. Somit war schon bei Konstruktion beiden Parteien klar, das Hilfsmittel unumgänglich sind.

Weiterhin wurden zu Hause die Bauteile lackiert und mal wieder kam die beliebte Veloursfolie zum Einsatz. Die Spiegelbox, der Hut und einige Rändelschrauben wurden ausgekleidet bzw. beklebt. Auch der OAZ wurde verbessert. Das Innenrohr zeigte schon einige Reflektionen. Der Deckel wurde mit 3 mit Filz beklebten Abstandshaltern versehen und erhielt einen Rand aus Moosgummi. So paßt er exakt in die Spiegelbox, ohne das Gefahr besteht den HS zu beschädigen. Weiterhin wurden die Füße mit Moosgummi rutschfest gemacht. Das Moosgummi kann man mit Uhu gut auf das Holz kleben. Der FS wurde mit Silikon am Halter festgemacht nachdem sich das Provisorium als unzureichend erwies. 3 Silikonplopps und ausreichende Zeit zum trocknen führten nach 2 Fehlversuchen zum Ziel. Der HS ist ebenfalls mit Silikon geklebt.

Scheinbar fertig zeigte der erste richtige Einsatz, das noch eine Streulichtunterdrückung von Nöten ist um die Möglichkeiten der Optik nutzen zu können. Vorläufig behalf ich mir mit einem alten, schwarzen T-Shirt, das aber bald ersetzt wurde. Ein Stoffrest wurde gefunden und entsprechend zugeschnitten und mit Klettband versehen. Die leichte Schwenkbarkeit, die bei Okularwechseln zum Verstellen des Dobs führte und die Nachführung bei hohen Vergrößerungen etwas schwierig gestaltete, wurde ebenfalls beseitigt. Die Martinidobsons laufen sehr weich und leicht, wobei ich denke, das dies gerade bei dem kleinen Dob, ob des geringen Eigengewichtes besonders auffällt. Dies wurde gelöst mit einem kleinen Korkplättchen, das neben einem der Teflonpads angebracht wurde. Nun bin ich zufrieden mit dem Gerät. Die ersten Eindrücke im Einsatz nach den Modifizierungen waren schon viel versprechend. So offenbarte M42 einiges an Details im Urlaub. Auch die vielen OH und GX der Wintersternbilder waren schön zu beobachten. Die Planeten- und Mondleistung konnte dieser Tage auch überzeugen, sogar wenn ich das Nagler 2,5 verwendete, wobei bei 300fach dann langsam Schluß zu sein scheint. :)

Nach nun einigen Einsätzen, war ich 2005 auf den Malediven. Der Transport von Male zur Zielinsel per Wasserflugzeug lehrte mich, was Gewicht bedeutet - Übergepäckzuschlag, weil auch das Handgepäck gewogen wird. :( Dies löste erneut Überlegungen aus, den Dobs zu erleichtern um möglichst auch vom Gegengewicht wegzukommen. Roland der ja selbst Leichtbaudobsons baut, half mir mit Rat und Tat aber auch Werkzeug aus. Der Hut mußte leichter werden, so viel war klar. Mit der Digitalwaage wurde jedes Bauteil gewogen und hinsichtlich der möglichen Gewichtsersparnis untersucht. Dabei kam folgendes raus:

1. Der Okularauszug: An sich recht leicht, aber mit einer fast 100g schweren Reduzierhülse ausgestattet. Also kurzer Hand die Hülse mit zig Bohrungen ausgehöhlt und so über 50g gespart.
2. Der FS-Halter: Er ist massiv aus Metall. Auch hier wurde ausgebohrt um einige Gramm zu sparen
3. Der Hartpapier-Hut. Mittels Löchsäge wurden 3 große Löcher in den Hut gesägt und stattdessen Moosgummi eingebracht. Ersparnis gut 150g.

Um knapp 300 auf nun 700g erleichtert, bemerkten wir nach dem Zusammenbau sofort, das die Maßnahmen etwas gebracht haben. Allerdings machten sie das Gegengewicht immer noch nicht obsolet. Also entschloß ich mcih, nach dem ich erneut alles vermessen hatte, dann doch für größere, sichelförmige Höhenräder, wie sie auch mein großer Dobson hat.
Diese sind inzwischen angebaut. Dazu mußte die Rockerbox oben an den Kanten etwas anders anschrägt werden, was problemlos war. Zur seitlichen Führung, die nun nötig ist, würden einfach 4 3cm große Stücke eines Zollstocks angeschraubt - funktioniert.

Natürlich wurde gleich getestet, und siehe da, die Baumaßnahmen wirkten. Nur noch das Federfriktionssystem ist nötig um sogar das bis dato noch nie verwendete 35mm PanOptik mit seinen 850g zu halten. Horizontnah wird noch etwa 400g benötigt. Ein zufriedenstellendes Ergebnis, finde ich. Denn so ist selbst das allerschwerste Okular das ich habe brauchbar, des Gewicht des Dobs wurde um ca 300 g gesenkt, so das zusammen mit den gesparten rd. 1,3 Kilo Gegengewicht insgesamt gute 3 Pfund weniger transportiert werden wollen.
Durch die neuen Höhenräder ist der Einblick bei niedrigeren Höhen nun sogar etwas angenehmer geworden, was als positiver Nebeneffekt vermerkt werden kann. Ob ich dem Hut nochmal zu Leibe rücke, um ihn zu erleichtern, wird die Zeit zeigen.

Fazit:

Mit diesem Gerät habe ich das, was ich suchte. Eine variabeles, farbfehlerfreies und hochtransportabeles Gerät. Es ist schnell aufgebaut und recht justierstabil. Es waren bisher nur geringere Nachjustierungen nach dem Zusammenbau erforderlich. Mit 6" habe ich einige Möglichkeiten für die DS-Beobachtung und muß dennoch nicht auf gute Planeten- und Mondleistung verzichten. Aufgrund meines Okularbestandes stört das schnelle Öffungsverhältnis nicht. Weitere Bilder mit Detailsansichten.

Technische Daten:

Optik 150/750 von Synta ( Celestron )
Fokusser

Kineoptics HC2 mit Reduzierung auf 1,25" - getunt

Gewichte Dob incl. Optik 4,1 Kg ( Nach Tuning ), Ausgleichsgewicht 0,5 Kg.
Ausbau- und Justagezeit ca. 10-15 Minuten nach Komplettzerlegung
Werkzeug Imbusschlüssel zur Justage, sonst Rändelmuttern
Dobsonbauteile alles von Astroopik Martini
Einblickhöhe max. ca. 80 cm, min. ca. 40 cm

© 3/2005 Armin